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Sexualität nach Brustkrebsbehandlung

Nach einer Antihormontherapie - beendet im 2015 - leide ich extrem unter starker Scheidentrockenheit, sodass ein Geschlechtsverkehr wegen den höllischen Schmerzen nicht mehr möglich ist. Welche Mittel oder Möglichkeiten gibt es, zur Normalität zurückzukommen?

 

Die Informationen auf dieser Website dienen keinesfalls als Ersatz für professionelle Beratung oder Behandlung durch ausgebildete Ärztinnen und Ärzte. Der Inhalt darf nicht dazu verwendet werden, eigenständig Diagnosen zu stellen und Behandlungen zu beginnen oder abzusetzen. Durch Weiterlesen übernehmen Sie die Verantwortung für Ihr Handeln.

 

Das Problem vaginaler Trockenheit während und nach Krebsbehandlungen ist weit verbreitet und für die Betroffenen oft eine schwere Beeinträchtigung der Lebensqualität. Es besteht dann der starke Wunsch, das Problem mit der richtigen Creme bzw. der richtigen Behandlung weg zu zaubern, was eher selten mit einer einzigen einfachen Intervention zu bewerkstelligen ist. Ich versuche, Ihnen vor dem Hintergrund des vorhandenen Fachwissens den Raum für verschiedene mitinvolvierte Dimensionen auf zu machen und Ihnen so auch eine Palette von möglichen nächsten Schritten anzubieten.

Wichtig ist, in einem unbedingt notwendigen ersten Schritt, allfällige andere Ursachen für die Schmerzen auszuschliessen, d.h. sich mit diesem Problem nochmals eingehend an Ihre behandelnde Gynäkologin / Ihren behandelnden Gynäkologen zu wenden und um Unterstützung zu ersuchen, weil Sie für die Beschwerden bis jetzt noch in keiner Weise eine befriedigende Linderung gefunden haben.

Wenn wir uns erst der körperlichen Ebene zuwenden besteht das Problem, weil sich in Abwesenheit der weiblichen Hormone die schützende Vaginalschleimhaut nur verringert aufbaut. Mit verschiedenen Cremes, Zäpchen etc. wird versucht, diese körperliche Veränderung auszugleichen oder abzuschwächen. Aus meiner Erfahrung verwenden Frauen oft mehrere Produkte zur Pflege / Befeuchtung / Wundheilung, sehr oft auch abwechselnd, um mit vorhandener Scheidentrockenheit um zu gehen. Es ist üblich, dass es hier auf eine Pröblerei hinaus läuft, bis das oder die Produkte gefunden sind, die im Alltag zu Ihnen passen und Sie herausgefunden haben, was in welcher ‘vaginalklimatischen’ Situation wann wo hin gehört. Wichtig ist dabei, dass das Produkt hormonfrei ist. Tatsächlich am wirksamsten wäre eine lokale östrogenhaltige Behandlung, die jedoch in Ihrer Situation wegen vorhandener Hormonsensibilität der überstandenen Erkrankung im ersten Schritt einmal nicht in Frage kommt.

Ein vaginal einigermassen beschwerdefreier Zustand sowie der gynäkologische Ausschluss einer anderen Ursache für Ihre Schmerzen ist dann die Voraussetzung für einen nächsten Schritt, sich einem Geschlechtsverkehr wieder anzunähern. Hier empfehle ich in jedem Fall den Einsatz eines hochwertigen Gleitgels, z.B. PjurMed, das entweder auf Silikonbasis oder auf Wasserbasis als ‘Repair-Gel für beschädigte Vaginalschleimhaut’ erhältlich ist. Viele Frauen haben in ähnlichen Situationen mit zweitem sehr gute Erfahrungen gemacht.

Ich möchte mit Ihnen nun den Blickwinkel noch etwas ausweiten. Wenn Sie offensichtlich in der Vergangenheit wiederholt schmerzhafte Erfahrungen mit versuchtem Geschlechtsverkehr gemacht haben, erinnert sich Ihr Körper natürlich sofort wieder an den Schmerz und er versucht unwillkürlich, sich vor einer Wiederholung zu schützen, z.B. in Form von Abneigung bis hin zum Impuls, sich zu verschliessen und sich damit vor dem Schmerz zu schützen. Damit kann eine Anspannung des Beckenbodens einhergehen, die zusätzlichen Schmerz verursachen kann. Wenn wegen vaginalem Unwohlsein der Beckenboden ohnehin längerfristig angespannt ist, führt dies zu einer verminderten Durchblutung des Genitales und damit wiederum zu einer Verringerung des Aufbaus der vaginalen Schleimhaut und damit zu erhöhter Trockenheit. Hier haben wir es dann mit einem Mechanismus zu tun, der sich selbst noch verstärkt oder zumindest aufrecht erhält.

Auf dieser Ebene kann ein qualifiziertes Beckenbodentraining einiges zu einer Verbesserung der Situation beitragen. Dabei ist es besonders wichtig, sowohl Anspannung wie auch Entspannung zu trainieren. Sie müssen aber schon 2 bis 3 Monate rechnen, bis sie den Erfolg spüren. Ihre Gynäkologin kann Sie zu einer entsprechenden Fachperson zuweisen, falls Sie das wünschen. Beispielvideo Beckenbodentraining

Wenn Sie in den letzten Jahren längere Zeit keinen oder sehr wenig Geschlechtsverkehr praktiziert haben, hat das Vaginalgewebe zudem meist auch an Dehnfähigkeit verloren (was übrigens etwas kontrovers auch als eine mögliche allgemeine Folge nach Chemotherapien diskutiert wird und sicher eine Folge einer Bestrahlung im Beckenbereich ist). Das heisst im Klartext, Ihre Vagina ist wahrscheinlich kürzer, enger und weniger dehnfähig geworden und damit wiederum schmerzempfindlicher. Eine Annäherung an Geschlechtsverkehr ist nur dann möglich, wenn Sie und Ihr Partner diesem Umstand Rechnung tragen und diesen Akt mit ganz viel Sanftheit angehen. Es braucht Zeit, hier diese Entwicklung wieder rückgängig zu machen, ist mit einiger Geduld aber sehr wohl möglich. Es liegt aber auf der Hand, dass so ein Weg paardynamisch anspruchsvoll ist. Als Paar werden Sie mit Rückschlägen, vielleicht mit Enttäuschung konfrontiert, wenn es noch nicht so klappt. Das bringt Paare dazu, solche Erfahrungen zu meiden, aus Angst vor Misserfolg. Mit Vermeidung lässt sich aber nichts weiter entwickeln – unter Vermeidung bleibt der Zustand so wie er ist.

Viele Paare, die sich auf einen solchen Weg begeben, profitieren von einer fachlichen Begleitung, die einen Rahmen bietet, um im Gespräch zu bleiben wie es jedem dabei geht und gemeinsam die nächsten Schritte anzugehen.

Hoch spezialisierte Brustzentren mit sexologisch ausgebildeten Fachspezialisten setzen in Fällen, in welchen alles nichts hilft, in welchen die betroffene Patientin sehr leidet und in welchen gewisse Bedingungen seitens der überstandenen Erkrankung erfüllt sein müssen lokale hormonhaltige Präparate ein, weil in den letzten Jahren bewiesen werden konnte, dass diese kaum in den Körper der Betroffenen gelangen. Hier geht es dann darum, in enger Absprache zwischen Ihnen und einem hoch qualifizierten Behandlungsteam längerfristige Risiken und aktuelle Stärke einer Beeinträchtigung gegeneinander abzuwägen und daraus gemeinsam die für Sie beste Lösung zu finden.

Stefan Mamié, Mai 2020, Auszug Mailsprechstunde Krebsliga Schweiz

Tags: Brustkrebs, Sexualität, Anti-Hormonbehandlung, Scheidentrockenheit, Geschlechtsverkehr, Beckenbodentraining, vaginale Pflege

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© 2016 Stefan Mamié

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